Prozesserklärung Jacob

Prozesserklärung Jacob

Eigentlich möchte ich mich kurzhalten, denn in den Verhandlungen und auf den Kundgebungen der letzten Tage und Wochen ist schon vieles Wichtige und Richtige gesagt worden. Und doch fällt es mir schwer mich kurz zu halten, denn es wurden noch lange nicht genug Worte verloren über die dreckigen Rüstungsdeals der BRD und den hier dargebotenen Repressionswahn ihrer staatlichen Behörden.

Ich sitze heute hier, weil ich im Februar 2020 mit vielen anderen Menschen in ein Gebäude hineingegangen und dort geblieben bin. Deswegen saß schon vor einer Stunde eine andere Freundin hier, deswegen saßen bereits in den letzten Wochen Freund/innen hier und deswegen werden in den kommenden Wochen und Monaten viele weitere Freund/innen hier sitzen müssen. Das Gebäude, dessen Frieden wir mit dieser Aktion gebrochen und dessen Mitarbeiter*/innen wir zu Zwangsurlaub genötigt haben sollen, ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – kurz BAFA. Lassen sie mich kurz erklären, warum wir uns entschlossenen haben, genau dort zu sein, genau dort zu bleiben.

Jede Herstellung und Ausfuhr von zur Kriegsführung bestimmter Waffen braucht eine Ausnahmegenehmigung der Bundesrepublik. Genau diese Ausfuhrgenehmigungen erteilt das BAFA und zwar im richtig großen Stil. Von insgesamt 5.498 Rüstungsexportgenehmigungen im ersten Halbjahr 2020 wurden ganze 32 abgelehnt – aufgerundet sind das 0,6%. Damit schafft es die BRD auf Listenplatz vier der weltweit größten Rüstungsexportländer. Ob Menschenrechtsverletzungen in Mexiko, die völkerrechtswidrigen Angriffe der Türkei auf die kurdischen Gebiete in Syrien oder die militärische Abschottung der EU-Außengrenzen gegen Geflüchtete – hinter alldem steht das BAFA mit seinen Unterschriften.

Damit steht das BAFA für all das, was wir nicht einfach so weiter hinnehmen wollten, nicht weiter so hinnehmen konnten. Das BAFA steht für eine Ordnung der Gewalt, eine Ordnung des Krieges, eine Ordnung der Ungerechtigkeit. Es steht für eine Ordnung, in der es als legitim gilt, mit Vertreibung, Unterdrückung und Tod Geschäfte zu machen. Es steht für ein System des globalen Kapitalismus, das auf genau diesen Prinzipien beruht und unfähig ist ein friedliches, gesundes und gutes Leben für alle Menschen auf der Erde zu ermöglichen. Es steht für ein System, in dem die globalen Machtzentren ihre Patente auf Gesundheit horten, während sie ihre Werkzeuge des Krieges in die ganze Welt exportieren. Es steht für ein System, das jene Despoten, die die Kaltblütigkeit und Gewalt dieser Ordnung am offensten ausleben, mit einer Tasse heißem Tee und einem warmen Händedruck begrüßt.

Als Internationalist/innen eint uns die Sehnsucht nach und der Kampf um eine ganz andere Ordnung dieser Welt. Eine Ordnung des Friedens, eine Ordnung der Gerechtigkeit, eine Ordnung der gelebten Solidarität. Damit stehen wir an der Seite aller Unterdrückten und all jener Menschen, die unsere Überzeugung teilen, dass eine solche, eine andere Welt möglich ist. Und solange es deutsche Waffen sind, mithilfe derer unsere Freundinnen und Genoss*innen weltweit unterdrückt, verfolgt und getötet werden, genau solange ist eine Aktion wie die unsere im Februar 2020 kein Akt des Hausfriedensbruchs, kein Akt der Nötigung, sondern ein Akt der Selbstverteidigung und der Verantwortungsübernahme.

Dass dieser Akt das einzig Richtige war, zeigt uns die Reaktion des Staates und der Eifer seiner Ermittlungsbehörden. Dieser wahnwitzige Prozess gegen Dutzende Aktivist/innen ist ein Schauspiel. Ein Schauspiel eines Rechtsstaats, der Gerechtigkeit simuliert. Ein Schauspiel der Macht, in dem der Polizei jedes Mittel recht ist, um die vermeintlichen Straftäter/innen zur Rechenschaft zu ziehen. Seien es gewaltsame Übergriffe auf Demonstrationen oder stundenlange Zivilfahndungen durch die halbe Stadt – ihre Devise lautet: Wir kriegen euch alle! Und ja, vielleicht mag es stimmen, dass ihr uns alle kriegen könnt. Ihr könnt jede Einzelne von uns identifizieren, jede Einzelne von uns mit Strafbefehlen und Vorladungen bombardieren und jede Einzelne von uns vor Gericht zehren. Aber brechen könnt ihr uns damit ganz sicher nicht. Unsere Hoffnung und Entschlossenheit werden eure Repression lange überdauern. Euch geht es um die Erhaltung dieses mörderischen Systems. Uns geht es um das Erschaffen einer Welt des Friedens. An jedem Tag leben und kämpfen wir für dieses Ziel. Und für genau dieses Ziel werden wir auch in Zukunft Orte der Kriegsmaschinerie und -bürokratie aufsuchen und blockieren. Solange bis diese Gewalt und ihre ohrenbetäubende Stille ein Ende haben. In diesem Sinne: war starts here, let’s stop it here!